Dienstag, 2. Juli 2013

Loppo in Ecuador - Teil 1: AACRI


Seit fast einer Woche bin ich nun von meiner Reise nach Ecuador zurück und konnte bis jetzt noch keine verdeckt lauernden Tropenkrankheiten an mir entdecken. Nachdem ich den Jetlag dank des peitschenden Kieler Regens schnell überwinden konnte, versuche ich nun, euch so gut wie möglich an meinen Erlebnissen in diesem atemberaubenden Land teilhaben zu lassen.
Ziel meiner Reise war es, mit vier anderen unerschrockenen Kaffeemenschen das Land zu bereisen und verschiedene Kaffeekooperativen zu besuchen. Mit Pingo als Reiseleiter war einer dabei, der dieses Land schon des Öfteren bereist hatte und dementsprechend Erfahrungen mit Land, Leuten und Kaffee hatte. Unsere Reiseroute richtete sich demnach nach den 3 Kooperativen, von denen Quijote Kaffee aus Hamburg schon seit längerer Zeit Rohbohnen bezieht.
Die AACRI in Apuela im Valle Intag machte den Anfang. Von dort begaben wir uns ins Amazonastiefland nach Tena, um dort die Robustakooperative Jatari in Ahuano zu besuchen. Zuletzt war unser Ziel die ACRIM-Koperative, von der auch der unsrige Ecuadorkaffee stammt. Sie bauen ihren Kaffee in Zumba, im Süden Ecuadors, an.

Um das Ganze übersichtlicher zu gestalten, wird sich dieser erste Teil lediglich mit der AACRI befassen.

AACRI


Schon die Anfahrt nach Apuela gestaltete sich abenteuerlich, da uns bereits jetzt klar wurde, dass der von uns gemietete schrottreife KIA nicht für eine derartige Straßensituation gebaut wurde. Doch trotz der zahlreichen Schlaglöcher und Furten war es die Landschaft, die einen in den Bann zog. Nebelwald ist hier das Stichwort und dieser besticht in diesem Teil Ecuadors mit einer grandiosen Artenvielfalt, die uns Flachlandbewohner nur vor Neid erblassen lässt.


Doch gerade dieses weitgehend intakte Ökosystem, in das die Farmer nur behutsam eingreifen, um verschiedenste Feldfrüchte anzubauen, macht dieses Tal und damit die Kooperative so besonders. 
Denn dieses abgelegene Kaffeeanbaugebiet ist seit den 90er Jahre Schauplatz eines Konfliktes, der die Region und den Zusammenhalt der Menschen nachhaltig geändert hat. In den Bergen schlummert eine der größten Mengen noch nicht abgebauten Kupfers der Welt. Dies rief internationale Konzerne auf den Plan. Jahrelang drangen Unbefugte in die geschützten Wälder ein, Schürfrechte wurden versteigert und die Rechte der Einwohner und der Umwelt damit massiv missachtet. Bis heute wehrten sich die Einwohner des Tales gegen 20 vergebene Konzessionen und waren immer wieder Übergriffen auf Land und Leben ausgesetzt. Mitte der 00er Jahre gingen die Konzerne so weit, das starke soziale Gefüge des Tals schwächen zu wollen und unternahmen Versuche, führende Minengegner zu kaufen oder sie durch Drohungen zu beeinflussen. Trauriger Höhepunkt war Ende 2006, als sich der Konzern Ascendant Copper durch den Regierungswechsel hin zum linken Präsidenten Correa zum schnellen Handeln berufen sah. Bewaffnete Paramilitärs gingen gegen die Bewohner vor, während die Polizei nicht eingriff. Es gelang den Bewohnern des Intag-Tals, die Bewaffneten zurückzudrängen und in die Dorfkirche Junis einzusperren. Nach dieser massiven Eskalation sah sich die Politik endlich genötigt, einzugreifen und am 6. Dezember 2006 wurde ein Vertrag unterzeichnet, der vorsah, dass Ascendant Copper keine weiteren Bergbauaktivitäten durchführen durfte.
Meine Reise fiel in die Zeit erneuten Aufflammens der Konflikte. Staatliche Unternehmen haben begonnen, Explorationsarbeiten voranzutreiben. Wie dieser neue Vorstoß ausgehen wird, ist unsicher, da nun erstmals staatliche Firmen den Abbau vorantreiben wollen. Ein Vorgehen dagegen wird ungleich schwerer werden.



Diese Vorgeschichte ist es, die die Kaffeebauern im Intag prägt. Die Gründung der AACRI bezweckte zuallererst, eine alternative und umweltverträglichere Zukunft für das Intag-Tal aufzuzeigen: den Kaffeeanbau. Damit ist die AACRI ein direktes Ergebnis des Minenkonfliktes und vereint die Gegner der Umweltzerstörung in sich. Die AACRI stellt einen wichtigen sozialen Aspekt im Tal dar und leistet zudem Aufklärungsarbeit, wo sie nur kann. Alle 200 Farmer der Kooperative bauen biologisch an und verzichten auf Monokulturen. Der Zusammenhalt der Kooperative scheint so sehr viel stärker und idealistischer, als es bei einem reinen Verkaufszusammenschluss gewesen wäre.

Die Zentrale der Kooperative

In den drei Tagen, die wir in Apuela verbrachten, wurden wir von den führenden Kooperationsfarmern empfangen. In den folgenden Tagen besuchten wir 13 Kaffeefarmen und besichtigten Produktionsstätten der Kooperative.

Bei den Besuchen der Farmer lag das Augenmerk besonders auf der Botanik der Pflanzen und dem Zustand der Kaffeefelder. So wurden uns Gringos beispielsweise die Unterschiede zwischen den verschiedenen Kaffeevarietäten näher gebracht. Typica wächst beispielsweise eher hoch, bleibt dabei aber biegsam, was das Ernten erleichtert. Caturra ist im Gegensatz dazu eher buschig, neigt aber eher zu Krankheiten. 

Hinten Typica, vorne Caturra

Gerade die Krankheiten der Kaffeepflanzen waren leider häufig ein Thema, da besonders der Kaffeerost, bei dem es sich um einen Pilzbefall handelt, in den letzten Jahren viele Ernten vernichtet hat. 


Daher beschäftigen sich die Farmer gezwungenermaßen intensiv mit den optimalen Anbaubedingungen der Pflanzen. Wie viel sollte man düngen? Wie viele Schattenbäume sind gut? Welche Mittel bekämpfen aktiv den Krankheitsbefall, sind dabei aber noch biologisch? Welche Anbauhöhen sind für welche Varietät optimal?
Die Organisation in der Kooperative hilft dabei, diese Probleme gezielt zu untersuchen und bietet den Mitgliedern Unterstützung an. Seit einiger Zeit hat die AACRI eine eigene Pflanzenschule, in der sie Setzlinge züchtet. Angeschlossen ist eine Düngemittelfabrik, die ausschließlich biologischen Dünger produziert. 

In diesen Röhrchen werden die Setzlinge gezogen

Mikroorganismen für den Dünger

Welche Mineralien braucht die Pflanze?

Diese eigenen kleinen Fabriken bieten nicht nur Arbeitsplätze für die Gemeinde sondern machen es auch möglich, dass die Mitglieder die Setzlinge und den Düngern zu Selbstkostenpreisen erhalten können.

Einen weiteren Einblick bekamen wir in die Ernte und Aufbereitung des Kaffees. Oft verfügten die von uns besuchten Farmer nur über wenige Hektar (meist nicht mehr als 2 ha) Anbauflächen. Das Gelände ist oft unwegsam und der Boden matschig. Besonders umgestürzte Bananenstauden waren für mich des öfteren unvermutete Rutschbahnen...


Aus diesem Grund gehörte die Machete und die Gummistiefel bei allen Farmern zur Grundausstattung. Da viele Farmen keinen direkten Zugang zu einer Straße haben, ist es hier üblich, dass Maultiere die geernteten reifen Kirschen vom Feld transportieren. Diese können bis zu 2 Säcke, also 150 kg auf ihrem Rücken tragen. Manchmal muss aber leider auch der Farmer dran glauben ;-)


Aufgrund der hohen Luftfeuchtigkeit wird der Kaffee hier "washed" aufbereitet Das heißt, dass zunächst das Fruchtfleisch entfernt wird.

Ein Despulpadora zum Entfernen des Fruchtfleisches

Dann werden die Bohnen in einen Bottich gegeben und es kommt zu einem Fermentierungsprozess, der einige Stunden dauert. Hierbei wird die Schleimhülle um die Bohne entfernt.

Zwei von der Schleimhülle umgebene Bohnen, im Hintergrund das Fruchtfleisch
Ist die Fermentation schon abgeschlossen?

Dann wird der Kaffee gewaschen und auf dem Trockenbett ausgebreitet.

waschen...
trocknen...

Wenn er eine ungefähre Restfeuchte von nicht mehr als 12 % hat, wird er in Säcke gepackt und zur Kooperative gebracht. Dort wird die Qualität begutachtet und zuletzt das Pergamino entfernt, welches die Rohbohne, so wie wir sie kennen, noch umschließt.

Rohbohne mit Pergamino
Die Pergaminos werden entfernt

Diese Aufbereitungsmethode benötigt viel Wasser, macht es aber möglich, trotz hoher Luftfeuchtigkeit guten Kaffee produzieren zu können. Sind alle Schritte korrekt erfolgt, ergibt sich ein sehr sauberer und klarer Kaffee, der allerdings weniger Süße als ein "natural" aufbereiteter Kaffee besitzt.

Da die AACRI ihren Kaffee zwischen 800 m und ca. 1800 m anbaut, ist die Erntezeit in diesem Tal sehr unterschiedlich. Aus diesem Grunde dauert die Ernte dieses Jahr wohl noch bis Mitte September. Daher müssen wir noch ein wenig Geduld haben, bis der Kaffee aus dieser Region in Deutschland ankommen wird. Wir werden auf jeden Fall versuchen, dieses Jahr einen Microlot von dieser Kooperative zu beziehen.

Lecker Kaffeekirschen!

3 Kommentare:

  1. Sehr spannend und informativ! Gibst Du noch Hinweise, ob und wie man als Einzel-Endverbraucher an diese Erzeugnisse herankommen kann?

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  2. So interessant ich finde es unglaublich was man dort alles so nebenbei noch erfährt. Nicht nur Kaffeeanbau sondern auch noch was im Land an Ungerechtem passiert. Darüber müssten viel mehr Leute informiert sein. Oder bin ich nur zu unaufmerksam, interessiere mich zu wenig für Politik??

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  3. @ Biscuity: Wir hoffen, dass wir ab Herbst einenMicrolot von der AACRI anbieten können. Ansonsten wird Quijote aus Hamburg bestimmt auch etwas im Programm haben. Leider dauert die Ernte und das Verschiffen immer viel zu lange ;-)

    @ Anonym: Es gibt einige Leute, die sich mit diesem Thema intesiv auseinandersetzten. http://intag-ev.de/ setzt sich beispielsweise sehr ein und hat meines Wissens auch bei dem letzten Besuch des ecuadorianischen Präsidenten in Deutschland gegen das Bergbauvorhaben demonstriert. Allerdings schaffen es solche Themen oft leider nicht aus den Randnotizen raus...

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