São Paulo
Angekommen im heißen und lauten São Paulo und nach einer sehr rasanten Taxifahrt vom Flughafen zum Hotel, fing unsere Abenteuerreise an. São Paulo, als eine Stadt mit 11 Mio. Einwohnern, war für uns Provinzler aus Kiel zunächst sehr beeindruckend und einschüchternd.
Doch unsere Reise sollte schnell weitergehen, denn bereits am nächsten Tag wurden wir von Marcos und Daniel von der Fazenda Ambiental Fortaleza, kurz FAF, gegen Mittag in einem sehr gutem Café abgeholt. Die Wartezeit konnten wir nutzen, um ein paar der Kaffees in Isabelas Coffee Lab zu probieren:
Wirklich beeindruckend war es, wie weit entwickelt die Zubereitungen waren und mit wie viel Begeisterung in diesem kleinen Laden Kaffee zubereitet und geröstet wurde!
FAF
Da Marcos für seinen Fahrstil international gefürchtet ist, schafften wir die 300 km Richtung Norden in Rekordzeit, auch Dank der guten brasilianischen Straßen. Die FAF liegt in der Nähe der Stadt Mococa, auf der Grenze der Provinzen São Paulo und Minas Gerais. Sie ist schon seit Generationen in Familienbesitz und wird seit 2002 von Marcos und Silvia geführt, welche die Farm zu einem Paradies des Ökolandbaus und der Nachhaltigkeit ausgebaut haben. Auf den ca. 800 ha wird bei weitem nicht nur Kaffee angebaut, sondern auch Obst und Gemüse gezogen und Viehwirtschaft betrieben.
Die FAF ist das Herzstück des Bob-O-Link-Projekts, dessen Kaffee ihr ja bereits vom Loppokaffeeexpress kennt. Alle Farmer, die bei diesem Projekt mitwirken und zusammenarbeiten, bringen während und nach der Ernte Proben ihrer Rohkaffees zur FAF. Dort hat Felipe, der Sohn von Marcos und Silvia, die fast unlösbare Aufgabe, diese Kaffees zu rösten, zu probieren und zu bewerten. Aus den einzelnen Lots, also Kaffees, die auf einem bestimmten Abschnitt der Farm gewachsen sind, muss er zudem Blends entwickeln.
Wenn man bedenkt, dass mittlerweile über 30 Farmer dem Projekt angeschlossen sind und sich der Entwicklung von hochqualitativen Kaffees verschrieben haben, so kann man sich denken, dass Felipes Aufgabe einer Sisyphosarbeit gleicht. Während der Zeit der Ernte, die während unseres Besuchs Anfang September schon fast abgeschlossen war, kommen zudem viele Baristi und Kaffeeverrückte aus aller Welt auf die Farm, um Kaffees zu verkosten und einzukaufen. Dieses Jahr gehörten auch wir dazu, wobei wir zu dieser Ehre nur kamen, da wir die liebe Steffi von Quijote begleiten durften.
Unsere Tage auf der Farm bestanden somit fast ausschließlich aus Cuppings, also Verkostung, und dem Besuch von anderen Farmern.
Cupping
Bei den Cuppings werden von den Proberöstungen zunächst 5 mal 11g abgewogen und gemahlen und in 5 Gläser gefüllt. Die Gläser werden dann mit heißen Wasser aufgefüllt. Nach einer kurzen Zeit wird die "Kruste gebrochen", das heißt, das Kaffeemehl, welches sich an der Oberfläche gesammelt hat, wird abgeschöpft. Danach wartet man darauf, dass der Kaffee eine angenehme Trinktemperatur hat und beginnt mit der eigentlichen Verkostung. Dabei wird der Kaffee mit einem Löffel aus dem Glas entnommen und in den Mund gesogen. Damit man nicht eine Koffeinüberdosis erleidet, wird der Kaffee anschließend wieder ausgespuckt. Hier eine kleine Demonstration:
Während des Vorgangs macht man sich zudem pausenlos Notizen zu Eigenschaften wie dem Aroma des trockenen Mehls, Aroma des aufgebrühten Kaffees, Geschmack, Mundgefühl, Körper etc. Auf diese Weise cuppten wir während unserer 6 Tage auf der Farm an die 100 Kaffees. Resultat dieses Kaffeerausches war es, dass wir zusammen mit Steffi einige sehr schöne Blends gefunden haben, von denen wir ca. 40 Sack importieren werden.
Besuche bei den Farmern
Kaffeeblühten |
Nachmittags, wenn Felipe neue Röstungen machte, war es die Gelegenheit, mit dem Auto zu Bob-O-Link-Partnern zu fahren. Gerade diese Besuche waren es, die Axel und mich am meisten beeindruckt haben. Bei den 6 Farmern, deren Orte wir besichtigten, waren so viele unterschiedliche Lebenssituationen und Lebensgeschichten vertreten, dass alle Klischees über den Haufen geworfen werden mussten. Von der Familie, die jeden Tag körperlich hart arbeiten und schon seit Generationen im Kaffeeanbau tätig ist, bis zu einem Ehepaar, die im Auftrag eines Bruders eine Farm bewirtschaften und für die körperliche Arbeit Angestellte haben, war alles möglich. Sogar ein pensionierter Bankmanager, der sich den Kaffeeanbau zum Hobby gemacht hat, ist Teil des Bob-O-Link-Projekts.
Während unserer Besuche war es also möglich, einen Eindruck von dem Leben als Kaffeefarmer zu bekommen und all die Arbeit zu sehen, die hinter einem Kaffee steckt. Kaffeemehl zu verschwenden, wird uns jetzt noch weniger in den Sinn kommen als vorher.
Da die Ernte bereits so gut wie abgeschlossen war, konnten wir bei den Farmer zumeist nur die Aufbereitungsprozesse sehen.
Auf den Farmen werden die Kaffeekirschen per Hand gepflückt, wobei sowohl die reifen als auch die vereinzelt unreifen Kirschen geerntet werden.
Danach müssen die Kirschen sortiert werden, damit nur die reifen Früchte weiterverarbeitet werden. Dabei gibt es verschiedene Methoden, die grünen Kirschen von dem Rest zu trennen:
Sortierung mithilfe von Wasser |
Sortierung per Hand |
Sortierung mit einer Maschine |
Anschließend werden die Kaffeekirschen getrocknet, was einer sogenannten "natural"-Aufbereitung entspricht. Dafür werden sie entweder auf Zementboden oder auf Gestellen zum Trocknen ausgebreitet.
Das Entfernen des Fruchtfleisches, die Fermentierung, die Sortierung nach Größe und das Verpacken in Säcken sind nachfolgende Arbeitsschritte, die wir allerdings nicht beobachten konnten. Viele dieser Verarbeitungsschritte finden nicht auf den Farmen statt, sondern werden in der sogenannten "Mill" gemacht.
Abseits des Kaffees war es die Gastfreundschaft und die Herzlichkeit der Farmer, die beeindruckt hat. Überall wo wir hinkamen war der Kaffeetisch gedeckt, Kuchen stand bereit oder Getränke wurden gereicht.
Mit dieser Trommel rösten viele Farmer ihren eigenen Kaffee |
Kaffeezubereitung |
Liebevoll dekorierter Kaffeetisch |
Steffi hatte aus Hamburg die verschiedenen Etiketten der Kaffees mitgebracht, die sie letztes Jahr importiert hatte. Auf den Etiketten waren Fotos der Farmer abgebildet und sobald sie diese den jeweiligen Farmern zeigte, konnte man den Stolz und die Freude in den Augen aufblitzen sehen. Ein großer Vorteil von "Direct Trade" ist, dass die Bauern sehen, was mit ihren Kaffees passiert und diejenigen kennenlernen können, die weiter mit ihren Produkten arbeiten. Zudem bekommen sie Anerkennung und Wertschätzung für ihre Arbeit, was in den konventionellen Strukturen kaum möglich war.
Dieser Bericht kann leider nur einen ganz kleinen Einblick in unsere Reise gewähren. Die Eindrücke, die wir in Brasilien sammeln durften, waren so zahlreich, dass man sie gar nicht in Worte fassen kann. Bob-O-Link ist und bleibt unser Lieblingskaffee und auch die diesjährigen Blends sind lecker und vielversprechend. Wir hoffen, dass dies nicht unsere letzte Reise nach Brasilien war.
Wer Lust hat, sich durch noch viel mehr Fotos durchzuklicken, dem sei dieses Album ans Herz gelegt!
Danke! für diesen schönen und sehr unteressanten Bericht.Macht Lust auf mehr, zu erfahren und zu sehen. Bis Samstag beim Kaffeetrinken Gabi
AntwortenLöschenEs war ein absolutes Vergnügen mit Euch zu unseren Partnern vom Projekt Bob-o-link zu fahren. Euer Bericht ist klasse.
AntwortenLöschenDanke für Eure tolle Unterstützung in Brasilien und natürlich auch sonst.
Für mich seid und bleibt Ihr die Grössten :D